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Virtual Reality
Die Welt aus dem Computer
Einleitung
Zum Begriff: Virtual, virtuell: vom lat. virtus (Tugend, Tauglichkeit) der Möglichkeit
nach, (noch) nicht wirksam, schlummernd.
Virtual Reality (VR) ist eine Technologie, die es Anwendern erlaubt, eine
drei-dimensionale vom Computer generierte Welt zu erleben. Dazu bedarf es nicht nur eines
Rechners, ein Helm mit Spezialbrille (head-mounted computer display) und eine spezielle
Eingabeeinheit sind die Voraussetzung für eine perfekte Illusion. Diese Eingabeeinheit
kann eine Art Pistole sein, in Simulatoren werden meist die echten Steuervorrichtugnen
nachgebaut. Handschuhe (VR-gloves) ermöglichen die Abtastung der Position jedes Fingers
zum Greifen, Verwenden, Schlagen, etc.
Geschichte
VR entwickelte sich aus (mechanischen) Simulatoren zur Ausbildung von Kampffliegern im
2.Weltkrieg und Computergrafik-Forschungen der frühen 60-er Jahre. 1965 veröffentlichte
der Wissenschaftler Ivan Sutherland die theoretischen Grundlagen für VR unter dem Titel
"The Ultimate Display" (Ivan Sutherland. "The Ultimate Display."
Information Processing 1965: Proceedings of IFIP Congress 65, 2 (New York, May 24-29,
1965): 508). Hier ein Auszug:
The ultimate display would, of course, be a room within which the computer can control
the existence of matter. A chair displayed in such a room would be good enough to sit in.
Handcuffs displayed in such a room would be confining, and a bullet displayed in such a
room would be fatal. With appropriate programming, such a display could literally be the
Wonderland into which Alice walked.
(Übersetzung): Das Ultimate Display sei ein Raum, in welchem der Computer die Existenz
von Dingen bestimmt. Ein Sessel in solch einem Raum könnte zum Sitzen geeignet sein.
Handschellen, in so einem Raum angezeigt, würden fesseln, eine Gewehrkugel wäre fatal.
Mit entsprechender Programmierung könnte dies das Wunderland darstellen, in das Alice
marschiert.
Seit Sutherland's Papier und seiner Erfindung des ersten am Kopf getragenen Displays
wurden weitere Anstrengungen unternommen, die Rechnerpower von einem externen Computer in
eine Maschine am Körper zu verlagern. Dies sollte dem User ermöglichen, durch die
virtuelle Welt genauso, nämlich mit allen Sinneseindrücken, zu navigieren wie durch die
reale Welt: bewegen (gehen), sehen, hören, berühren, verwenden (von Gegenständen), usw.
Einsatzmöglichkeiten von VR
- Visualisierung von Daten: Die anschauliche Darstellung von numerischer
Information aus einer Datenbank ermöglicht den Überblick auch über große Datenmengen.
- Finanzanalyse: Finanzdaten in einer 3D-Welt dargestellt ermöglichen das Finden
von Anomalien (Ausreißer). Nicht nur für trockene Kostenrechner interessant, auch
Aktienkurse bekommen einen neuen Charme.
- Unterhaltung: Die Berechnung virtueller Welten erfordert enorme Rechnerleistung.
Die PC-Entwicklung ermöglichte in den letzten Jahren die kommerzielle Nutzung von VR in
Computerspielen. Gefährliche Spielsituationen mit realistischen Sinneseindrücken sind
verwirklichbar. Gary Cooper in High Noon gegenüberstehen, ein Labyrinth von Feinden
säubern, in der Blutbahn durch den menschlichen Körper navigieren, Schluchten auf
fremden Planeten erforschen, wie eine Hexe mit Flugsalbe über Landschaften fliegen und
das eben zitierte Alice's Wunderland besuchen. Der Hit sind interaktive 3D-Spielfilme, wo
der Spieler persönliche Parameter (z.B. Schwierigkeitsgrad) einstellen kann und das
Geschehen aktiv beeinflussen kann.
- Ausbildung: Dies ist ein interessantes Anwendungsgebiet für VR. Der Schüler
kann aus dem Leben gegriffene Situationen erfahren. Flugschüler lernen an speziellen
Simulatoren, wobei auch das Meistern kritischer Situationen (Wettersturz, Stromausfall,
Nebel,...) geübt werden kann. Medizinstudenten operieren virtuell anstatt an echten
Körpern.
- Verteilte Simulation (distributed simulation): Ermöglicht die gleichzeitige
Teilnahme mehrerer Personen an einer Simulation, wobei die Personen meist interagieren
können. Interessant wo Teamwork gefragt ist wie z.B. bei (militärischer) Übung eines
Geschwaderangriffs oder im Industriebereich die aktive Teilnahme an einem Forum mit
Kommunikation der Teilnehmer.
- CAD (Computer-Aided Design): Das Konstruieren im 3D-Raum unterstützt das
Vorstellungsvermögen des Architekten. Änderungen wie Materialoberfläche sind sofort
sichtbar, selbst Lichteinfall kann simuliert werden. Weitere Vorteile sind das Generieren
von Konstuktionsplänen und Bestelllisten sowie das Anbringen von Notizen zu jedem Objekt.
- GIS (Geografisches Informationssystem): An der hypsometrischen Kurve der Erde
entlanggleiten mit zusätzlicher Unterstützung der farbigen Höhenlinien oder
Landschaften aus der Vogelperspektive betrachten.
- Produkt Marketing: Das Ziel ist eine ansprechende Darstellung des
Verkaufsobjekts, was den Kunden zum Kauf animieren soll. VR soll die Emotion ansprechen.
Man kann ein Kleid oder einen Schuh von allen Seiten betrachten bevor man bestellt.
- Virtuelle Einkaufszentren: Der Internet-Surfer soll durch ein 3D-Einkaufszentrum
wandern können und sich somit eher zurecht finden als in 2D-Darstellungen von
Internet-Seiten. Ein Einkaufserlebnis der etwas anderen Art.
- User Interfaces für Information: Gerade im Internet steht eine Fülle von
Information zur Verfügung. Diese ist jedoch weltweit verteilt und nicht geordnet. Hier
kann eine Darstellung von Information in einer VR-Welt den Überblick erleichtern.
- Wissenschaftliche Visualisierung: Eine DNS könnte anschaulich dargestellt
werden. Jeder Baustein ist klickbar um hinterlegte Informationen dazu zu erhalten. Dies
erleichtert Studenten das Verständnis. Ein derartiges Projekt wird von Aereal Inc. für
die Genetic Information Bank of Japan's Institute of Physical and Chemical Sciences
betrieben.
- Militärischer Einsatz: Die Apache-Helikopter AH-64D (wie auch der Sicorsky
RAH-66) sind mit Hightech-Unterstützung ausgestattet, wie zum Beispiel einem Sensor,
wobei der Pilot durch die Blickrichtung die an der Front angebrachten Infrarot-, Wärme-
und Normallichtkameras steuert. Dies ermöglicht optimale Sicht auch bei Nacht. Zudem ist
das Blickfeld größer als vom Cockpit aus. Die Bildanzeige enthält außerdem
Informationen (Munition, Flughöhe, Geschwindigkeit,...) und eine Hervorhebung besonderer
Objekte wie etwa ein mit Laser markiertes feindliches Fahrzeug.
Die Programmierung
Man beginnt bei der Programmierung von VR am besten erst einmal mit einem einfachen
Körper, etwa einem Quader. Dieser kann in verschiedene Richtungen gedreht werden und
verändert so am zweidimensionalen Bildschirm sein Aussehen. Danach sollte man sich an
mehreren Objekte versuchen. Diese sollten in Beziehung zueinander stehen. Ein Klotz auf
einem anderen liegend fällt sobald der untere Klotz entfernt wird - klar, aber eine
programmiertechnische Herausforderung.
Aus der Notwendigkeit über Netzwerke VR darstellen zu können wurde eine
Beschreibungssprache entwickelt, nämlich VRML (Virtual Reality Markup Language). Diese
soll es ermöglichen, Objekte in speicherschonender Form zu beschreiben und gleichartig am
Browser des Endanwenders anzuzeigen. Somit können virtuelle Objekte, z.B. ein Dom oder
ein Bürogebäude, mit kurzer Ladezeit über ein Netzwerk (Internet) übertragen werden,
die Interpretation der Beschreibungsdaten erfolgt am PC des Anwenders. Das gleiche Prinzip
übrigens wie HTML, der Beschreibungssprache für Dokumente.
Daraus ergibt sich, daß man lediglich einen Texteditor für die Daten und einen
Browser für die Anzeige benötigt. Die Internetbrowser verfügen nicht über eine
Möglichkeiten der VRML-Interpretation, über das Internet kann eine Zusatzsoftware, sog.
Plugin, heruntergeladen werden. Vorteilhaft ist der Einsatz eines Tools, das ein
komfortables Erstellen von 3D-Welten ermöglicht: Parameter können aus einer Palette
möglicher Werte ausgewählt werden und Änderungen sind sofort sichtbar. Denn längst
können nicht nur Drahtmodelle erstellt werden. Ganze Baukomplexe sind möglich mit
Materialeigenschaften und Oberflächenstrukturen. VRML ist mittlerweile so weit
verbreitet, daß viele Grafikprogramme bereits Daten im VRML-Format ausgeben können.
Die Zukunft
Neben den erwähnten immer weiter perfektionierten Anwendungsgebieten sind virtuelle
Konferenzen denkbar, wobei die Gesprächspartner an einem virtuellen Tisch sitzen. Dieser
kann virtuell bemalt oder mit fertigen Bildern belegt werden. Die Gefahren sehe ich dort,
wo der Mensch zwischen Realität und Fiktion nicht mehr unterscheiden kann, wo der
Computer als Droge die Flucht vor der Realität ermöglicht.
Links zum Thema:
http://www.cs.umd.edu/projects/eve/vrtp.html
ftp://ftp.u.washington.edu/public/virtual-worlds/citations/Virtual-Reality-Terms
ftp://sunsite.unc.edu/pub/academic/computer-science/virtual-reality/papers/whatisvr.txt
http://www.vrml.org/
http://davecentral.com/vrml.html
http://www.cybermath.com/gallery.html
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